Marlis Tepe eröffnete mit einem Begrüßungsbeitrag, in dem sie auf den GEW-eigenen Entwurf zur Novellierung des WissZeitVG hinwies, und machte insbesondere die Forderung „Dauerstellen für Daueraufgaben“ stark. Dann geht sie auf einige bundespolitische Themen ein: Die lobenswerte Abschaffung des Kooperationsverbots, bei den Schulen müsse dieses Kooperationsverbot aber noch fallen. Die Aufhebung der Altersgrenze beim Bafög sei ein nächstes wichtiges Projekt der GEW. Erst wenn diese falle, könne auch später im Leben ein Masterstudium zu vergleichbaren Bedingungen durchgeführt werden. Und auch die durch Bologna intendierte Zweistufigkeit werde dann erst faktisch hergestellt.
Andreas Keller erläutert nun die Gründe, warum man einen eigenen Entwurf des WissZeitVG entwickelt habe. Zunächst zeigt er, wie sich das Verhältnis von unbefristeten zu befristeten Mitarbeitern laut Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (2013) von 1:4 (in 2005) zu 1:9 (in 2012) entwickelt habe.
Keller macht den wichtigen Punkt, dass das WissZeitVG das Unwesen in der Befristungspraxis ermöglicht, aber nicht die Ursache ist. Diese liege vielmehr in der Projektförmigkeit der Hochschulfinanzierung. Und er zeigt auch die Geschlechter-Schere, die sich im Wissenschaftssystem mit jedem Qualifizierungsschritt weiter öffnet, d. h. die Frauen verlassen das Wissenschaftssystem.
Das WissZeitVG sei ein Sonderarbeitsrecht, dass das Finanzierungsrisiko in ungewöhnlich hoher Weise an die Beschäftigten weitergebe. Die GEW bearbeitet die Beschäftigungsbedingungen des Wissenschaftssystems auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig: Viele Hochschulen hätten mittlerweile Leitlinien für faire Beschäftigung verabschiedet, auf Ebene der Bundesländer sind mittlerweile entweder auf Ebene der Landespolitik (Hamburg, Zielvereinbarungen) oder auf Ebene der Landesrektorenkonferenzen (NRW) einige Beschäftigungsstandards festgelegt worden. Heute gehe es um die Bundesebene. Dort falle positiv auf, dass der Koalitionsvertrag zwei Absätze zur Beschäftigung enthalte. Allerdings seien diese sehr unverbindlich formuliert (man wolle „flankieren“).
Hauck-Scholz erläutert im Folgenden den GEW-eigenen Entwurf zum WissZeitVG. Das Sonderrecht für Befristungen sei 1985 eingeführt worden. Damit sollten einerseits Befristung möglich gemacht werden, sie sollten aber gleichzeitig nicht ins Unendliche führen (5 Jahre) und sollten für die Hochschulverwaltungen relativ einfach zu handhaben sein. Die Rechtssprechung machte daraus, dass 5 Jahre jeweils pro Befristung – und zwar pro Hochschule – möglich sein sollten. Die Folge daraus war der bekannte Befristungstourimus, nach der Logik „nimmst du meinen Mitarbeiter, nehme ich deinen Mitarbeiter“.
Einen Sachgrund finden und formulieren zu können, sei immer sehr kompliziert gewesen. Sei in der Beschäftigung dann von der definierten Aufgabe einmal abgewichen worden, dann war damit der Befristungsgrund verletzt und somit ungültig geworden und die Person war umgehend entfristet.
Und weil der Sachgrund so kompliziert war, habe man im WissZeitVG sehr großzügige Qualifizierungszeiten eingeführt. Drittmittel wurden als Befristungsgrund mit in das Gesetz hineingeschrieben. Diese müssten nun aber wieder raus. Nun sollen Daueraufgaben weder nach WissZeitVG noch nach Teilzeitbefristungsgesetz möglich sein. Einige Landesgesetze hätten die LfBAs auch zu wissenschaftlichem Personal gemacht, einige Gerichte hätten das anders gesehen. Nichtwissenschaftliches Personal soll nun nicht mehr als Drittmittelpersonal gezählt werden können, weil es zur Infrastruktur der Hochschule gehöre. Im GEW-eigenen Entwurf des WissZeitVG wird die Qualifizierung zum Sachgrund erklärt. In diesen Arbeitsverträgen sollen nun 50 Prozent der Arbeitszeit für die eigene Qualifizierung vorgesehen werden. Der GEW-eigene Entwurf soll eine Befristung nach der Promotion nur noch möglich machen, wenn damit eine Tenure Track - Option verbunden ist (das verabredete Qualifizierungsziel soll begutachtet und anschließend soll die Entfristung vorgenommen werden). Die Mindestvertragslaufzeit für Promotionsstellen soll drei Jahre sein, für Drittmittelstellen der jeweilige Projektzeitraum. Derzeit sei die familienpolitische Komponente noch vom Willen des Arbeitgebers abhängig, der GEW-eigenen Entwurf fordert eine automatische Verlängerung um zwei Jahre.